Am Anfang war die Anbetung.- So beginnt die Geschichte der Entstehung der franziskanischen Gebetsgruppe Effatha. Sie ist sowohl bescheiden als auch wundervoll - ich meine damit „voller Wunder“. Alles begann 2008 mit der stillen Anbetung in unserem Kloster in Oggersheim. Samstagnachts kamen einige Leute, um vor dem eucharistischen Jesus in der Monstranz zu verweilen. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Leute dazu. Die Anbetung nahm eine neue Form an. Wir beteten den Rosenkranz, sangen neue Lieder, lasen gemeinsam aus der Bibel und sprachen freie Gebete.
2011 zogen wir gemeinsam mit der polnischen Gemeinde in die Kirche Heilige Familie in die Siedlung Notwende um. Die dortige Gemeinde nahm uns herzlich auf. Es kam zur regelrechten Explosion. Jeden Samstagabend trafen wir uns zum gemeinsamen Gebet. Anbetungsnächte, Lobpreisabende sowohl auf Deutsch als auch auf Polnisch, und Taizé-Gebete zogen immer mehr Menschen an, auch solche, die erst auf der Suche nach Gott waren. Und der Herr schenkte uns einfach seinen Segen. Während der letzten drei Jahre sind wir eine große Familie geworden, die neben der deutschen und der polnischen Gemeinde zur Ehre Gottes wirkt.
Als wir nach einem Namen für unsere Gebetsgruppe gesucht haben, ist uns das Wort Effatha aus dem Markusevangelium eingefallen. Dieses Wort des Herrn ist die beste Definition für das, was wir sind und was wir wollen. Um es kurz zu erklären, möchte ich an dieser Stelle den Text der Heilung des Taubstummen (Markus 7, 31-37) zitieren: „Jesus verließ das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis. Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effatha!, das heißt: Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit und er konnte richtig reden. Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt. Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.“
Dieses Fragment wird häufig bei der Taufe gelesen und ausgelegt. Es wird auf jeden Fall bei dem sogenannten Effatha-Ritus ausdrücklich angesprochen. Dem neugetauftem Kind oder Erwachsenen wird ein besonderer Segen gespendet. Der Priester oder der Diakon segnet die Ohren und den Mund des Neugetauften und spricht dabei: „Der Herr lasse dich heranwachsen, und wie er mit dem Ruf „Effatha" dem Taubstummen Ohren und Mund geöffnet hat, öffne er auch dir Ohren und Mund, dass du sein Wort vernimmst und dich zum Glauben bekennst zum Heil der Menschen und zum Lobe Gottes.“
Jesus hat den kranken Mann geheilt. Was war überhaupt seine Krankheit? Der Taubstumme konnte nicht mit anderen kommunizieren - weder mit Gott noch mit den Menschen. Er war sozusagen ausgeschlossen von der Gesellschaft. Der Herr hat ihm sein Gehör- und Redevermögen wiedergeschenkt und somit in die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen eingeschlossen.
Wie übertragen wir diese Wirklichkeit der Heilung auf unsere Gemeinschaft Effatha? In der Tat: Wir fühlen uns durch Jesus persönlich angesprochen und aus unserer geistigen Taub- und Stummheit geheilt. Der Herr hat uns berührt, Er hat unsere Ohren und unseren Mund geöffnet und damit unsere Herzen berührt. Sein Heiliger Geist, den wir in der Taufe und der Firmung, als Unterpfand des ewigen Lebens bekommen haben, lebt in uns und legt Zeugnis davon ab, dass wir Kinder Gottes sind und dass Gott unser Vater (Abba) ist. Jesus Christus ist nicht nur unser Herr und Gott, Er ist auch unser Bruder. Er ist die Brücke von Gott und Mensch, der direkte Weg zum ewigen Leben. Auf diesem Weg gehen wir - durch die Wahrheit seines Wortes erben wir das Leben in Fülle (vgl. Joh 14,6).
Jesus hat uns reichlich beschenkt. Er will, dass wir - die von Ihm beschenkten - das weiter schenken, was wir selbst empfangen haben. „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben“ (vgl. Matthäus 10, 7-15). Der große Auftrag Jesu verpflichtet uns, andere Menschen zu Ihm zu führen, damit auch sie von Ihm geheilt werden. Darin besteht unser Heilungs- und Befreiungsdienst.
Es ist einfach schön, dem Herrn zu gehorchen und in seinem Auftrag zu wirken. Durch unsere Gemeinschaft, unseren Dienst und unser Gebet will Jesus viele Brüder und Schwestern berühren, ihre Augen, Ohren, Mund und vor allem Herzen öffnen. Er will alle Menschen durch die Kraft des Heiligen Geistes zum barmherzigen Vater führen. Sein Wille ist unser Auftrag. Wir wollen ihm einfach gehorchen.
Das Gotteshaus, in dem wir zusammenkommen, um Lobpreis zu feiern und auf das Wort Gottes zu hören, begeht ihr Patrozinium in der Weihnachtszeit am Sonntag der Heiligen Familie. Maria, die Mutter des Herrn und der Hl. Josef, sein irdischer Vater, sind unsere besonderen Beschützer und Vorbilder. Sie waren dem Wort des Herrn immer gehorsam und schenkten dem allmächtigen Gott ihre Herzen und ihr Leben. Auch wir wollen denselben Weg des Glaubens gehen. Wir gehen ihn gemeinsam, ausgestattet mit den Gaben des Heiligen Geistes, durch die Charismen, entflammt durch das Feuer seiner Liebe.
P. Darek